(DE/EN) Meine Erfahrungen mit der 4 Tagewoche - My experience with the 4 day work week

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Picture from Gerd Altmann via Pixabay.com

Intro

Die meisten kennen das Problem. Am Ende der Arbeitszeit ist meistens noch so viel Arbeit übrig, dass man problemlos weiterarbeiten könnte. Allein bezahlt würde man dafür nicht. Wenn man Glück hat, kann man die Überstunden später ausgleichen.

Gleichzeitig konkurriert die Arbeit, mit dem Wunsch Zeit mit der Familie zu verbringen, sei es mit der Partnerin oder gar den Kindern. Vor allem, wenn man nicht die klassische Aufteilung in der Erziehungsarbeit (Mann bringt das Geld heim, und Frau erzieht die Kinder) haben will.

Dazu kommt noch das ehrenamtliche Engagement und schon ist so gut wie keine Zeit mehr da für sich selbst. Das perfekte Hamsterrad.

Intro

Most people know the problem. At the end of the working day, there is usually so much work left that you could easily continue working. But you would not get paid for it. If you are lucky, you can make up the overtime later.

At the same time, work competes with the desire to spend time with the family, be it with the partner or even the children. Especially if you don't want to have the classic split in parenting (man brings home the money, and woman raises the kids).

Add to that the voluntary work and you have almost no time left for yourself. The perfect hamster wheel.


Ausgangssituation

Auch wenn wir nicht das klassische Erziehungsmodell führen wollen, so ist die Arbeitszeit und das Einkommen bei uns stark unterschiedlich.

Ich arbeitete bisher Vollzeit 37,5 Stunden pro Woche für ein ansehnliches Gehalt in der chemischen Industrie. Meine Frau arbeitet als SAP-Beraterin.

Bevor wir Kinder bekommen haben, war unser Einkommen recht ähnlich. Ich hatte etwas mehr Grundgehalt, dafür hatte meine Frau einen Dienstwagen und eine bessere variable Vergütung.

Seit unsere Töchter da sind, hat meine Frau ihre Arbeitszeit von 40 auf nun 26 Stunden verkürzt. Jetzt ist ihr Einkommen deutlich geringer und sie übernimmt den größten Teil der Erziehungs- und Chauffeurdienste. Verstärkt wird das dadurch, dass meine Frau nahezu 100 % aus dem Homeoffice arbeitet.

Schon länger wollte ich meine Frau besser unterstützen und generell mehr für die Familie da sein. Gleichzeitig wollte ich etwas mehr Zeit für mich, um entweder einfach mal zu tun, was ich möchte, ohne meinen Schlaf zu reduzieren, oder mir gezielt ein zweites Standbein aufzubauen, wenn es mit der Betriebsratsarbeit mal nicht mehr weitergeht.

Initial situation

Even though we don't want to live the classic parenting model, our working hours and income are very different.

I used to work full-time 37.5 hours per week for a respectable salary in the chemical industry. My wife works as an SAP consultant.

Before we had children, our income was quite similar. I had a slightly higher base salary, but my wife had a company car and better variable compensation.

Since our daughters arrived, my wife has reduced her working hours from 40 to 26. Now her income is significantly lower and she does most of the parenting and chauffeuring. This is compounded by the fact that my wife works almost 100% from a home office.

For a while now, I've wanted to be more supportive of my wife and generally be there more for the family. At the same time, I wanted a little more time for myself, either to simply do what I want without reducing my sleep, or to specifically build up a second mainstay for myself if the works council work is ever unavailable.


Lösung Teilzeit

Wir waren in den letzten Jahren sehr sparsam und konnten so relativ schnell einen der Kredite auf unser Haus abbezahlen. Dies gibt uns nun etwas finanziellen Spielraum, den ich unter anderem dafür nutzen wollte, um meine Arbeitszeit zu reduzieren. Die Frage war nur um wie viel und in welchem Modell.

Diskutiert wird immer wieder die 4 Tagewoche. Die meisten Arbeitnehmer verstehen darunter, eine 4 Tagewoche, bei vollem Lohnausgleich, da Studien ja belegen, dass Teilzeitkräfte viel produktiver sind, und sich das ja für alle Arbeitgeber lohnt.

Die Arbeitgeber sehen das freilich anders. Auch ist eine 4 Tagewoche nicht in jedem Betriebsablauf gut implementierbar.

Ich für meinen Teil, finde die Idee einer 4 Tagewoche auch interessant. Freitags hat meine Frau frei. Vormittags sind die Kids in der Schule / Kindergarten. Nachmittags stehen allerhand Aktivitäten auf dem Programm.

So gesehen, wäre es doch toll, wenn ich freitags nicht mehr arbeiten müsste. Vormittags kümmere ich mich um mich, und nachmittags um die Familie. Win-Win.

Allerdings wollte ich nicht auf 20 % Entgelt verzichten und mein Arbeitgeber war auch nicht der Meinung, mir etwas ohne Gegenleistung zuzuschießen, zumal meine Arbeit auch nicht unbedingt in 30 Stunden zu erledigen wäre.

Also war mein Plan erstmal nur auf 34 Stunden an 4 Tagen = 8,5 Stunden von Mo-Do zu reduzieren. Das wäre ca. eine 90 % Stelle.

Leider kann mein Arbeitgeber das nicht umsetzen, da unser SAP System nur maximal 8 Stunden pro Tag hinterlegen kann. Ich sag da besser nix dazu, weil im Standard SAP natürlich mehr kann, aber ok.

Ich habe meine Arbeitszeit also auf 32 Stunden an 4 Tagen mit dann nur noch 85,3 % reduziert.

Dazu muss man wissen, dass ich Vertrauensarbeitszeit habe, und es erwartet wird, dass ich pro Tag nochmal ca. 30 Minuten zusätzlich arbeite, dafür bekomme ich 12 freie Tage im Jahr.

Ich muss also trotzdem die 8,5 Stunden pro Tag im Schnitt arbeiten.

Solution part time

We have been very frugal over the last few years and have been able to pay off one of the loans on our house relatively quickly. This now gives us some financial breathing room, which I wanted to use to reduce my working hours, among other things. The only question was by how much and in what model.

There is always discussion about the 4-day week. Most employees understand this to mean a 4-day week, with full wage compensation, since studies show that part-time workers are much more productive, and that this is worthwhile for all employers.

Employers, of course, see it differently. Also, a 4-day week is not easy to implement in every company.

For my part, I also find the idea of a 4-day week interesting. My wife has Fridays off. In the morning the kids are at school / kindergarten. In the afternoon there are all kinds of activities on the program.

From that point of view, it would be great if I didn't have to work on Fridays. In the morning I take care of myself, and in the afternoon I take care of the family. Win-win.

However, I didn't want to give up 20% of my pay, and my employer didn't want to give me anything in return, especially since my work couldn't necessarily be done in 30 hours.

So my plan was to reduce to 34 hours on 4 days = 8.5 hours from Mon-Thu. That would be about a 90% position.

Unfortunately, my employer can not implement this, because our SAP system can only plan a maximum of 8 hours per day. I better not say anything about it, because SAP can of course do more in the standard, but ok.

So I reduced my working time to 32 hours on 4 days with then only 85,3 %.

You have to know that I have trust working time and it is expected that I work about 30 minutes extra per day, but I get 12 days off per year.

So I still have to work the 8.5 hours per day on average.


Meine Erfahrungen mit der 4 Tagewoche

Zum 01.07.23 habe ich mein Arbeitszeitmodell geändert. Erst einmal befristet bis Ende des Jahres.

In den nun 3, 5 Monaten habe ich für mich folgende Erfahrungen gemacht.

  1. Ich weiß nicht wohin mit meinem Urlaub, da ich im ersten Halbjahr wenig Urlaub genommen habe, und nun nur noch 4 Tage pro Woche benötige.

  2. Es gibt Freitage, da liegen so wichtige Termine, die können nicht aufgrund meiner 4 Tagewoche verschoben werden. Ich arbeite fast jeden zweiten Freitag zumindest vormittags im Werk, obwohl ich eigentlich frei hätte.

  3. Die halbe zusätzliche Stunde pro Tag, tut mir in meiner Familienbetreuung mehr weh, als mir der freie Freitagnachmittag bringt.

  4. Die Punkte 2 und 3 ergänzen sich jedoch ganz gut, da ich so die Mehrarbeit an den Freitagen nutze, um an den anderen Tagen etwas weniger, also eher wie früher, zu arbeiten.

Ich bin froh, dass mein Arbeitgeber mein Wunschmodell nicht angeboten hat. Das wäre ziemlich nach hinten losgegangen mit noch einmal 0,5 Stunden mehr pro Tag.

Für einige mag die 4 Tagewoche ein Segen sein. In meinem Job als Betriebsratsvorsitzender ist es eher schwierig.

Den Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung kann ich aber gut verstehen. Da nicht nur die Arbeitswelt, sondern auch die Welt um uns herum immer komplexer und anstrengender wird. Zumindest habe ich das Gefühl, obwohl unsere Generation in wohl der besten aller Zeiten lebt(e).

My experience with the 4-day week

As of 01.07.23 I have changed my working time model. First of all limited until the end of the year.

In the now 3, 5 months I have made the following experiences for me.

  1. I do not know where to go with my vacation, because I took little vacation in the first half of the year, and now only need 4 days per week.

  2. On some Fridays, there are so important appointments, they can not be moved because of my 4 day week. I work almost every other Friday at least in the mornings at the plant, even though I would actually have the day off.

  3. The half hour extra per day hurts me more in my family care than the free Friday afternoon brings me.

  4. Points 2 and 3 complement each other quite well, however, as I thus use the extra work on Fridays to work a little less on the other days, i.e. similar like before.

I'm glad my employer didn't offer my preferred model. That would have pretty much backfired with another 0.5 hours more per day.

For some, the 4-day week may be a blessing. In my job as works council chairman, it is rather difficult.

However, I can well understand the desire to reduce working hours. Since not only the working world, but also the world around us is becoming more and more complex and exhausting. At least that's the feeling I get, even though our generation lives/d in probably the best of all times.


Wie geht es weiter?

Bis Ende des Jahres werde ich mein derzeitigen Arbeitszeitmodell weiter nutzen und prüfen, ob die gemachten Erfahrungen weiterhin passen.

Gleichzeitig mache ich mir natürlich Gedanken darüber, wie es ab dem 01.01.24 weitergeht.

Derzeit plane ich ab dem 01.01.24 wieder an 5 Tagen pro Woche zu arbeiten und die Arbeitszeit leicht auf 34 Stunden zu erhöhen. Das wären 6,8 Stunden pro Tag + die halbe Stunde zusätzlich also ca. 7 Stunden und 15 Minuten täglich.

Den Freitag will ich etwas kürzertreten und so viel wie möglich von zu Hause ohne feste Termine arbeiten. Damit dürfte ich auch der Flut an Emails Herr werden, die sich immer wieder in meinem Postfach ansammelt und der Bearbeitung harrt.

Mal schauen, ob dieses Modell besser zu mir und meiner Familie passt.

What's next?

Until the end of the year, I will continue to use my current working time model and check whether the experience gained continues to fit.

At the same time, I am of course thinking about how to continue from 01.01.24.

Currently I plan to work 5 days per week again from 01.01.24 and increase the working hours slightly to 34 hours. That would be 6.8 hours per day + the extra half hour so about 7 hours and 15 minutes per day.

I plan to cut back a bit on Fridays and work from home as much as possible with no set appointments. This should also help me deal with the flood of emails that keep piling up in my inbox waiting to be processed.

Let's see if this model suits me and my family better.


Was ist mit Euch?

Was sind Eure Erfahrung mit der (Arbeits-)Zeit? Wie bekommt ihr alles unter einen Hut?

Ich fände es super, wenn ihr Eure Erfahrungen hier als Kommentar teilt und mit mir in die Diskussion tretet.

Auch würde ich gerne wissen, ob meine Gedanken für Euch interessant waren, und ihr in Zukunft mehr davon lesen wollt. Ich hätte da sicher Spaß dran.

Viele Grüße
Euer Kheldar1982

What about you?

What are your experiences with (working) time? How do you manage everything?

I would love it if you share your experiences here as a comment and join the discussion with me.

I would also like to know if my thoughts were interesting for you and if you would like to read more of them in the future. I would certainly have fun with that.

Many greetings
Your Kheldar1982



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Interessant. Mein Ziel ist es definitiv irgendwann auf 4 Tage zu reduzieren. Im Moment möchte ich aber nicht auf 20% Gehalt verzichten, zumal ich aktuell eh im Schnitt 5,5 Tage arbeite, also erstmal versuchen auf die 5 Tage ohne Überstunden zu kommen.🤣

Ich habe eine 40 Std. Woche, die gestempelt wird. Jede Minute darüber kommt auf ein Std.konto, welche dann wieder in Freizeit genommen werden können. Sammelt man 172 Std. an, wird jede Minute darüber ausbezahlt. Ich bekomme von meinem Chef keine Überstunden angeordnet, genau so versuche ich meinen Kollegen keine Überstunden anzuordnen. In meinem Team funktioniert das auf "freiwilliger" Basis. "Freiwillig", weil es erwartet wird, dass die Arbeit erledigt ist 😉. Mit Urlaub habe ich keine Probleme. Ich habe jetzt noch 3 Tage für dieses Jahr Ich schaue immer, dass ich meinen kompletten Urlaub auch genommen bekomme und achte auch darauf, dass alle Kollegen ihren Urlaub nehmen. -> Erholung ist wichtig um leistungsfähig zu bleiben.

Dir wünsche ich auf jeden Fall, dass egal welches Modell zu euch passt und du mehr Zeit für dich und deine Familie hast. Gibt nichts wichtigeres. Job und Geld sollte dem und der Gesundheit untergeordnet werden

!ALIVE !HUG !PIZZA

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Eine sehr gesunde Einstellung.

Bei uns muss auch keiner die Überstunden anordnen. Es ist immer genug Arbeit da und man entwickelt ja eien gewissen Unternehmergeist. Der sorgt dafür, dass man alles erledigt haben will. Wenn man sich hier nicht abgrenzt, sind Überstunden unvermeidlich.

Arbeitszeiterfassung ist auch so ein Thema, über dass ich ganze Abhandlungen schreiben könnte. Gerade mit Mobiler Arbeit ist das spannend.

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Danke für den Beitrag und deine Sicht. Es hängt glaub ich von sehr vielen Faktoren ab, ob es ein sinnvolles Modell ist. Die Branche, das Unternehmen, die aktuellen Lebensumstände und dann noch der eigene Charakter. Wir - beide im Bereich Software Entwicklung, allerdings in unterschiedlichen Unternehmen - arbeiten Teilzeit. Ich als Mutter irgendwie selbstverständlich. Anders würde es auch nicht gehen. Aber das klappt super und jeder, ob Kollegen oder Kunden, nehmen Rücksicht auf die Arbeitszeiten, keiner erwartet von mir, dass ich außerhalb meines Zeitrahmens Termine wahrnehme und ich werde dennoch als vollwertiges Teammitglied geschätzt. Auf der anderen Seite revanchiere ich mich mit dem maximalen mir möglichen Einsatz und sei es am späten Abend, wenn ich mich gut fokussieren kann. Ich bin sehr dankbar für die Möglichkeiten dieser neuen Arbeitswelt.

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Vielen Dank für deinen Kommentar. Vielleicht kommt hier doch noch eine "Diskussion" zu Stande. Ohne Teilzeit ginge es bei uns auch gar nicht.

Die 4 Tagewoche, wie sie von vielen propagiert wird, ist ja aber gerade keine wirkliche Teilzeit, sondern Vollzeit an 4 Tagen. Gerade das stelle ich mir als Familienvater unheimlich schwierig vor.

Als ich noch 25 und ungebunden war, wäre das sicherlich mein Modell gewesen :-)

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